Play to Win

kurzbeschreibung

Ein Junge spielt Computergames. Im Spiel geht es um Leben und Tod, Liebe und Kampf, Verlieren und Gewinnen. Alles ist bunt, die Frauen sind schön, die Kämpfe sind schnell. Seine Mutter hofft, dass er eines Tages vom Computer aufsteht und Großes leistet im Leben. Seine Schwester hat die Hoffnung dagegen schon längst aufgegeben und das Mädchen von nebenan ...?

Informationen

Von: Lindy Annis
Regie: Detlef Wintzen
Mit: Lisa Askew, Anna Holmes, Anna Schwemmer and Harald Pilar von Pilchau

Spieldauer: 90 Minutes

Premiere 10. November 1993 im Podwil
Vorstellungen 28 (1993 - 1994)

Presse
ZITTY, 24/93:

Mit der englischen Sprache ma¬chen die Kids ja heutzutage weitaus früher Bekannt¬schaft als wir damals, wo „Oh-Baby-Baby-Balla-Balla“ den ersten Höhe¬punkt in der Begegnung mit der angelsächsischen Sprachwelt darstellte und uns das Englischbuch mit Geschichten von Peter Pim and Billy Ball alliterierend animieren wollte. Heute benutzen schon Elf- und Zwölfjährige ganz selbst¬verständlich schwierige Wörter wie Car¬tridge, Mul¬titasking, Share¬ware oder Carriage Return - ein Ergebnis des Siegeszugs des Homecom¬puters im Kinderzimmer. Derart gewappnet dürften Ver¬ständnisschwierigkeiten beim englischsprachigen Jugendtheater Platypus kein allzu großes Problem sein. Gemäß der guten alten pädagogischen Regel, die Zielgruppe dort abzuholen, wo sie steht, hat die Gruppe eine Lieblingsbe¬schäftigung (nicht nur) Heranwachsender zum Thema ihres neuen Stückes gemacht: Computergames. Play To Win erzählt die Geschichte eines Jungen (Harald Pilar von Pilchau), der mit dem Spielen in der virtuellen Welt die wirkliche Welt verdrängt. Weder die Mutter (Lisa Askew), noch die Schwester (Anna Schwemmer), selbst nicht das hübsche Mädchen von nebenan (Anna Holmes) vermögen, ihn vom Computer wegzulocken. Schnelle Erfolgserlebnisse in der Welt der Adventure- und Ballerspiele mit ihren immergleichen Mustern verleihen dem Game-a-holic das Selbstvertrauen und die Sicher¬heit, die die komplexere Wirklichkeit nicht bereit hält. Doch das neue Spiel, das er in die Floppy-Disk seines Rechners geschoben hat, beginnt verwirrend. Seine Erfolgsbilanz wird ganz anders bewertet: ‘You always say you always played and won, but you always played and lost.’ Meint das Schwesterherz das nicht auch immer? Aber er spielt und stirbt - virtuell natürlich. Die jugendlichen User vor mir im Zuschauerraum wissen, was er falsch gemacht hat: ‚Er hätte mal zwischenspeichern sollen!’ So muss der Boy halt noch mal ganz von vorn anfangen, aber schließlich gelingt es ihm, das Herz der Prinzessin zu gewinnen und damit das Spiel - wenn da diese merkwürdige Tür nicht wäre, die im Spiel zu sehen ist, aber nicht zum Spiel gehört und hinter die er nicht kommt. Und so hackt er weiter in irgendeiner DOS-Schleife und wenn kein Absturz passiert, dann hackt er immer noch - während das wahre Leben an ihm vorbeizieht. Ein Märchen fürwahr (Text: Lindy Annis), von Detlef Wintzen amüsant inszeniert, bestückt mit eingängigen Liedern von Chris Lewis und mit Schauspielern, die wirklich richtig gut singen können. Und der Erfolg wird nicht ausbleiben, da es Lehrern und Erziehern die wunderbare Möglichkeit gibt, spaßigen Englischunterricht mit didaktisch aufbereiteter Warnung vor dem Gameboy zu verbinden. Womit festzuhalten ist, dass sich in der Pädagogik wohl nichts grundsätzlich geändert hat. War es in den Sech¬zigern die Beatles-Single und das Micky-Maus-Heft, die besorgte Eltern und Lehrer für die Wurzel allen jugendlichen Übels hielten, so ist es heute eben der Gameboy. Süchtig kann man von vielem werden, sicher auch von Computerspielen, aber den meisten Kids können Nintendo oder Sega noch so oft zurufen ‚I want it all’ - das virtuelle Spielen bleibt nur eine Frei¬zeitbeschäftigung von vielen. Non Impact.“

DIE TAGESZEITUNG, 20.11.1993

Dabei gibt es gerade jetzt einige für Jugendliche sehr interessante Aufführungen. Das englischsprachige Stück ‚Play to Win’ der Gruppe ‚Platypus Theater’ springt raffiniert zwischen zwei Realitätsebenen hin und her: einem spannenden Computerspiel und dem Leben in der Außenwelt, das dem Spieler immer unerreichbarer wird.

DER TAGESSPIEGEL, 12.11.1993

„Go, play, enter, return. Ein Computerspiel wird inszeniert. Immer wieder hat der Junge (Harald Pilar von Pilchau) zwischen zwei Türen zu wählen. Sie führen in ein Schloss oder in eine Stadt, in einen Garten oder in ein Gefängnis, eine Küche oder eine Bar. Es gibt auch noch eine dritte, die ‚goldene’ Tür. Sie führt nach draußen – aber dem Spieler bleibt sie verschlossen. ‚Play to Win’, das neue Jugendstück des ‚Platypus Theaters’ (Regie: Detlef Wintzen), erzählt in einfachem Englisch drei spannende Partien des Computerspiels. Unterhaltsamer lässt sich der Unterschied zwischen ‚who’ und ‚what’, ‚to listen’ und ‚to hear’ kaum lernen, denn das Spiel lockt mit Abenteuern, die auch für Erwachsene fesselnd sind. Wunderlichen Figuren begegnet der Junge: einer schönen, aber gefährlichen Prinzessin (Anna Holmes) und einer blutrot gewandeten Königin (Lisa Ahrens-Askew), deren schwieriger Charakter an die Herzkönigin in ‚Alice im Wunderland’ erinnert. Überall lauern Gefahren: Die Berührung mit der Prinzessin kann ebenso den Tod bringen wie das Küchenmesser der dicken Köchin. Kein Wunder, dass der Junge die ersten beiden Partien verliert und ‚stirbt’. Hilfe wird dem Spieler von einer freundlichen, Bomben bastelnden Rebellin (Anna Schwemmer) zuteil, die ihm zu Beginn jeder Partie einen Beutel Gold aushändigt. Sie warnt ihn mit dem Lied: ‚The more you played, the more you’d lost. I say you’d better give up.’ Aber der Junge bekommt die Finger nicht vom Joystick und macht weiter. Beim dritten Mal spielt er so gut, dass er gewinnt und die schöne Prinzessin heiraten darf. Freilich übersieht er dabei, dass eine echte Schöne in der Außenwelt um ihn wirbt. Aber spielen kann man eben nur allein: ‚Only one player can play this game, you can’t play with me. I play alone.’ Nicht nur das ‚Mädchen von nebenan’, auch Mutter und Schwester des Jungen sagen sich schließlich von ihm los. Ihm bleiben die Figuren des Spiels, die von denselben Schauspielerinnen dargestellt werden – am Ende aber nicht einmal die. Sie entschwinden durch die goldene Tür, zu der er den richtigen Schlüssel nicht findet. So sitzt er denn bis in alle Ewigkeit am Computer und sucht – vergebens – den Schlüssel zur Außenwelt: this one ... that one ...“.

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